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Dienstag, 28. September 2010

Servus, Addis - Dehna aderk, Armin

(26. September)
Ankunft 4 Uhr morgens am Flughafen Addis Abeba!
Der Flug war im Grunde angenehm, da das Flugzeug wenig besetzt war. Den fehlenden Nervfaktor durch zu viele Fluggäste machte aber ein junger Mann in der Nachbarreihe wett. Als selbsterklärter Businessman lief er zur Höchstform auf, als eine Gruppe hübscher äthiopischer Maids aus dem Yemen kommend sich in seine Nähe setzte. Bis zur Landung konnte der Gockel das Gackern nicht lassen… Skurril: Zum ersten Mal habe ich erlebt, dass jemand ernsthaft mit der Stewardess über die Anschnallpflicht beim Start diskutiert. Mit einem jovialen, mehrmals wiederholten „Malesh“ versuchte er eindringlich, die ägyptische Stewardess von seinem Standpunkt zu überzeugen, diese allerdings hatte wenig für seine Späßchen übrig. Die Spannung zwischen Passagier und Crew verstärkte sich noch im Laufe des Fluges, sodass irgendwann ein grimmiger Steward die Einzelbetreuung dieses Fluggastes übernahm . :)

Klaus Betz, der Leiter meiner Unterkunft, war so nett, mich vom Flughafen abzuholen. Auf der Fahrt durch das nächtliche Addis Abeba ist mir auch gleich das erste prophezeite Merkmal ins Auge gesprungen: Die Läufer in der Dunkelheit. Allein auf der Rückfahrt sind mir acht davon begegnet. Der Traum, in Haile Gebrselassies (s. Bild) Fußstapfen zu treten (nein, zu laufen, höhö….) ist hier omnipräsent.
Im Guesthouse angekommen, bin ich erst mal direkt ins Bett gefallen. Da ich schon wenige Stunden später am Goethe-Institut sein sollte, um den Schlüssel und eine erste Einweisung zu bekommen, war das nicht die schlechteste Entscheidung.
Das Goethe-Institut in Addis Abeba befindet sich auf dem Gelände der Universität, genauer gesagt in der Fakultät für Business und Economy. Von meiner Unterkunft ist es wirklich nur ein kleiner Fußmarsch von vermutlich 15 Minuten dorthin (ich hab mich kurz verlaufen, insofern hab ich ein bisschen länger gebraucht).
Das Institut selbst befindet sich in einem sehr schönen, fast herrschaftlichen Haus, ehemals der Wohnsitz von einem der Söhne Haile Selassies (a.k.a. der König der Könige). Der Gärtner, der dort wirklich sehr gute Arbeit leistet, hat sich dann auch die Zeit genommen, mir die ersten amharischen Worte beizubringen: Dehna aderk, Guten Morgen.

Im Anschluss konnte ich mir einen ersten Eindruck von Addis holen . Ich schlenderte vom Goethe-Institut zum Hauptgebäude der Universität, wo leider das Museum of Ethiopian Studies einer Zeremonie wegen geschlossen war.
Von dort bin ich dann im übertragenen Sinne etwas planlos, im wörtlichen Sinne vollkommen planlos, weitergezogen und hab mich anhand der gut eingeprägten Straßennamen durch die Stadt geschlagen. Witzigerweise dürfte ich damit die einzige Person in Addis sein, die die Straßennamen kennt. ;) Zur Orientierung dienen hier eher Merkmale und spezielle Orte. Für mich hat sich der Lion Park, der hiesige Zoo als gute Anlaufstelle erwiesen, da die Russia Street, in der ich wohne, hier beginnt.

Von Addis Abeba habe ich sonst an meinem ersten Tag so gut wie gar nichts und recht viel gesehen. Ca. zweieinhalb Stunden bin ich einfach mal zu Fuß durch die Stadt gezogen, auf der Suche nach einem ansprechenden Lokal. Blöderweise bin ich aber noch zu europäisch, um mich in die Straßencafés zu setzen. Wenn ich bedenke, in was für Bruchbuden wir als Schüler unterwegs gewesen sind, kaum zu glauben.
Das Stadtbild von Addis Abeba unterscheidet sich stark von Kairo, zumindest dem der letzten Jahre. Die Armut ist allgegenwärtig, zumindest dort, wo ich gewesen bin. Zwischen den Hochhäusern stehen die windigen Wellblechhütten oder zumindest kleine, wenig vertrauenerweckende Häuschen, die aber als Apotheken, Geschäfte und Optiker bezeichnet sind. Immer wieder liegen Obdachlose an den Straßenseiten, eingehüllt in Tüten, und die Bettelei ist stärker ausgeprägt als im heutigen Kairo. Vor allem Kinder umringen einen und zupfen an den Kleidern. Für mich fürs Stadtbild prägend waren vor allem die vielen Tierkadaver, die nicht weggeräumt werden. Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob die Hunde schlafen, aber sie sehen so ausgemergelt aus, dass ich es mir beim besten Willen nicht vorstellen kann. Wenn ich morgens das Haus verlasse, grinst mich ein gehörter Ziegenschädel an.

Dabei muss man sagen, dass Addis das Potential zu einer wunderschönen Stadt hat. Durch das hügelige Fundament ergeben sich immer wieder schöne Ausblicke, die Luft ist frisch, das Klima sehr angenehm. (Ich muss mit meiner Ankunft großes Glück gehabt haben, denn die Regenzeit scheint tatsächlich mit meiner Landung geendet zu haben. Klaus jedenfalls meinte, er habe seit Monaten nicht mehr einen so schönen, blauen Himmel gesehen. Vermutlich hatte ich ein wenig ägyptisches Klima im Rucksack...)
Die Stadt ist grüner als ich erwartet habe, die Pflanzen gedeihen aufgrund des hohen Niederschlags und mit den oben genannten Aspekten wäre Addis eine echte Traumstadt, wäre nicht der Müll, der Schotter und die Armut an jeder Ecke so präsent.

Die Äthiopier in der Stadt sind sehr unaufdringlich. Man wird zwar beäugt (kein Wunder, viele Weiße habe ich nicht gesehen), aber angesprochen kaum. Drei junge, freundliche Polizisten haben dem ver(w)irrten Europäer Richtungsangaben gemacht und mich mit den Standardfloskeln begrüßt und willkommen geheißen.

Nachdem ich, mit Notebook und dicker Jacke bewaffnet, allmählich die Lust an der Latscherei verloren hatte und keine Ahnung mehr hatte, wo ich war, habe ich mir dann ein Taxi gerufen. Die sind im Grunde wie in Kairo alte, zusammengeflickte Autos, hellblau-weiß gestrichen, wie übrigens alle öffentlichen Verkehrsmittel. Die Taxifahrt läuft hier im Grunde wie in Ägypten, man handelt einen Preis aus und zahlt als Ausländer freilich mehr. Wie ich im Nachhinein von Ruth Betz, einer Äthiopierin, erfahren habe, bin ich aber ganz gut weggekommen. Bei einer späteren Taxifahrt habe ich dem Taxifahrer einfach gefragt, was er für angemessen hält, und auch da war der Preis fair.

Gegessen habe ich dann im Pizza Corner, das mir im Internet empfohlen wurde. Und was? Genau! Pizza. Eine Sünde für weltoffene Globetrotter, eine Sicherheitsvorkehrung für skeptische Europäer mit empfindlichen Magen. Das Restaurant führt zwar auch einheimische Gerichte, aber ohne Beschreibung. Auf Nachfrage antwortete der Kellner „Beef!“, aber das war mir dann zu ungenau... :)

Die Heimfahrt bin ich dann im Minibus angetreten. Auch das war eine positive Erfahrung. Die Minibusse sind von zwei Personen besetzt, einem Fahrer und einem Kassierer, der an den Haltestellen ausruft, wo es denn hingeht. Während der Fahrt tippt der Junge dann die einzelnen Gäste an und verlangt das Fahrtgeld. Die genauen Kosten waren mir nicht bekannt, also habe ich einen Fünf-Birr-Schein gereicht (was ganz grob vielleicht 25 Cent sind) und nicht erwartet, was zurück zu bekommen. Tatsächlich hat mir der Junge dann drei Birr zurück gegeben, was mich ehrlich überrascht hatte. Von Ruth habe ich erfahren, dass sie mal erlebt hatte, wie einer der Jungs einem Ausländer weniger Geld zurückgegeben hatte und daraufhin die anderen, einheimischen Gäste laut protestiert hatten.

Daheim angekommen bin ich lediglich dazu gekommen, meinen Koffer auszupacken und die Schränke einzuräumen. Bereits um sechs Uhr abends bin ich müde ins Bett gefallen und habe die Nacht durchgeschlafen. Das war aber auch dringend nötig. :)

Liebe Grüße,
Armin

1 Kommentar:

  1. Das scheint ja wirklich richtig spannend zu sein.
    Ich freue mich schon auf die ersten Bilder.

    LG und viel Spass,
    Christian

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